Juden und Christen: Zwei Wege des Glaubens - eine gemeinsame Wurzel. Impulsreferate und anschließendes Gespräch.

Pfarrscheune in Erwartung der Gäste
Pfarrscheune in Erwartung der Gäste

Ist nach 2000 Jahren Gegnerschaft ein neuer Dialog möglich?
Wie konnte es dazu kommen, dass Christen über fast 2000 Jahre die Juden als Gegner und Feinde, bis in unsere Tage sogar als „Gottesmörder“ betrachteten? War Jesus aus Nazareth, die Ausgangsperson des Christentums, zweifelsohne doch ein Jude, was die historische Forschung heute klar beschreiben kann.

Und entwickelte sich die christliche Ursprungsgeschichte nicht zentral aus der jüdischen Tradition? Wie konnte es zu dem folgenreichen Urteil kommen, die Juden hätten einen gnadenlosen, rächenden Gott, verfolgten eine Ethik des „Auge um Auge …“, und seien verworfen, oder – wie es Martin Luther beschämend formulierte – sie seien Lügner und „vom Teufel“? Lügner, weil sie nicht seiner Sicht des Alten Testaments folgten? Immerhin hat sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau in jüngster Zeit von den judenfeindlichen Äußerungen Luthers distanziert.

Nach der Katastrophe des Holocaust begann weltweit unter den christlichen Kirchen ein Umdenken, das zwar tief in alte Sichtweisen und Vorurteile einschnitt, aber noch nicht in die Breite wirkte: Der christliche Glaube, so wurde erst nach 1960 klar, ist unlösbar mit dem Judentum verbunden. Die EKHN hielt nach langer Diskussion 1991 als verpflichtend fest, dass „die bleibende Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen“ zum christlichen Bekenntnis gehört. Das war der endgültige Abschied von der bald 2000- jährigen Sicht, mit Jesus Christus sei das Judentum überholt und habe neben dem Christentum keine Existenzberechtigung.

Heute muss das historische Versagen der Kirchen und ihrer Theologie gegenüber den Juden - zuletzt als sich die Christen nicht entschlossen vor ihre jüdische Nachbarn stellten - dazu verpflichten, entschlossen jede Form eines neuen Rassismus und Antisemitismus zurückzuweisen.

 

In vier kurzen Impulsreferaten von Dr. Ruth Huppert, Ev. Stadtakademie Wiesbaden, und dem Igstadter Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt, Vorstandsmitglied in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, wurde ein Blick auf die historische und aktuelle Dimension der christlich-jüdischen Beziehungen geworfen. In dem anschließenden Gespräch erörterten die Gäste sehr lebhaft die Möglichkeiten und Wege eines neuen Verhältnisses zwischen Juden und Christen.

Die Moderation des Abend übernahm als Gastgeber Pfarrer Ernst-August Hesse, Igstadt. Die Mitveranstalter, der Heimat- und Geschichtsverein Igstadt e.V und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wiesbaden e.V., freuten sich über das Interesse der fünfzig Besucherinnen und Besucher an diesem Vortrags- und Gesprächsangebot.

Die Thesen (auszugsweise) von Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt:

  • Jesus ist Jude und war Jude. Warum wurden die jüdischen Wurzeln der christlichen Religion so oft verdrängt? War die Nähe zu groß?
  • Martin Luther - der Reformator als Judenhasser. Ein Dialog zwischen Juden und Christen kann zunächst nur als Dialog des Christentums mit sich selbst und seiner eigenen tief verankerten Judenfeindschaft begonnen werden.

Die Thesen (auszugsweise) von Frau Dr. Huppert:

  • Antijudaistische Stereotypen in der christlichen Theologie. Das 'Auge um Auge' ist das 'Die Würde des Menschen ist unantastbar' der Hebräischen Bibel.
  • Nach der Shoa: ein Umdenken um unseretwillen. Vor dem Dialog steht die Selbstreflexion des Christentums und Verlustängste sind schlechte Ratgeber, oder: Die christlich unterstützte Judenvernichtung ist nicht der Grund für das notwendige Umdenken.
2015_03_03_Einladung_Juden und Christen.
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Das Igstadter Wappen