Guten Tag.
Ich möchte mich vorstellen: Man nennt mich den „Igstadter Jupiter“. Zur Zeit des römischen Wiesbadens, in den Anfangsjahren des 3. Jahrhunderts n.Chr., war ich der krönende
Abschluss einer Jupitersäule. Mit meinen 69 Zentimentern saß ich auf einem reich mit Ornamenten verzierten Thron. Jupitersäulen standen häufig im Mittelpunkt einer Bauernhofanlage, einer sog.
villa rustica. Man berichtet, dass im Wäschbachtal zwischen Heßloch und Erbenheim 10 bis 12 Hofanlagen von ehemaligen Legionären bewohnt waren. Aber auch an Straßen und Plätzen waren diese
imposanten Säulen der Götterverehrung zu finden. Ob ich einen römischen Bauernhof zierte oder an einer Straße stand, ich weiß es leider nicht mehr genau. Mein Schicksal war wechselhaft: Von der
Zierde der Säule bin ich hinabgestürzt zur Erde und lag verschmutzt und beschädigt viele hundert Jahre im Dreck, der sich bald 1,80m hoch über mir auftürmte. Endlich, im Juli 1878, hat man mich
wiederentdeckt: Beim Bau der Bahnstrecke Wiesbaden-Niedernhausen, der Hessischen Ludwigsbahn, nördlich von Igstadt im Distrikt "Dornkratz". Bedauerlicherweise fehlten mir die Arme, die Zepter und
Flumen (Donnerkeil) gehalten haben könnten, denn der Sandstein, aus dem ich gefertigt wurde, war den Belastungen nicht gewachsen. Gereinigt und etwas hergerichtet bin ich nun ein Teil der
Sammlung nassauischer Altertümer der Stadt Wiesbaden. Aber anstatt einen angemessenen Platz in einem Ausstellungsraum gefunden zu haben, friste ich mein Dasein in einer Kiste verpackt und sehne
mich danach, in einem neuen Stadtmuseum ausgestellt zu werden. Ein wenig Bewunderung würde mir nach so langer Zeit im Dunkeln wieder gut tun! Hocherfreut bin ich jedoch darüber, dass der Heimat-
und Geschichtsverein sein Geschäftspapier mit meinem Konterfei schmückt und dass mir ab 2014 die ehrenvolle Aufgabe zukommt, die Gäste der Website des Vereins zu begrüßen.
Dieses Erinnerungsfoto zeigt mich auf meinem Thron, als ich für kurze Zeit vor vielen Jahren der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, Sie in den nächsten Jahren auch persönlich zu begrüßen.
Nachtrag am 18. April 2015: Vor Freude bin ich fast vom Thron gestürzt, als plötzlich zehn neugierige und fröhliche Vereinsmitglieder im Frankfurter Museum, in dem ich von Dezember 2014 bis Mai 2015 ausgestellt bin, vor mir standen. Ihre Bewunderung tat mir gut und gerne hörte ich ihnen zu, was sie alles über das heutige Igstadt zu berichten wussten.
Wer nun noch mehr über das „römische Wiesbaden“ erfahren möchte, findet bei Wikipedia unter „Aquae Mattiacorum“ viele Informationen.
Schön, dass wir uns kennengelernt haben!
Ihr Igstadter Jupiter
Im Rahmen der Ausstellung "Im Licht der Menora. Jüdisches Leben in der römischen Provinz" war der Igstadter Jupiter von Dezember 2014 bis Mai 2015 im Jüdischen Museum in Frankfurt zu sehen. Eine einmalige Chance für alle Interessierten, den Jupiter 'live' zu bewundern. Am 18. April 2015 besuchten zehn Vereinsmitglieder den ehemaligen Mitbürger. Lesen Sie hierzu den Besuchsbericht von Wolf-Rüdiger Schmidt.